Max Graetz, 70 |
pag 1-1 30/06/04 |
brachtest Du reichen Gewinn in nie endender Müh'. Das frohbewegte Bild einer Berliner Ruderregatta der 80erjahre. Besonders festlich diesmal, denn Friedrich, des Reiches Kronprinz, sieht den Wettspielen zu. Der Sieger im Kaiservierer; Max Graetz. Der Kronprinz überreicht ihm selbst die Erinnerungsmedaille und fühlt als der gute Menschenkenner, der er war, daß in dem jugendfrischen Manne vor ihm mehr noch steckt als nur ein Sieger in sportlichen Kämpfen, daß er einer von denen ist, die das Leben zu meistern verstehen. Und halb zu seiner Begleitung, halb zu Max Graetz gewandt, spricht er: ,,Solche Männer können wir brauchen." Das Wort des Kronprinzen Friedrich hat sich an Max Graetz's, des heute Siebenzigjährigen, Leben bewährt. Am 6. Dezember 1861 wurde Max Graetz gleichsam in das Beleuchtungsfach hineingeboren. Denn sein Vater A1bert betrieb seit 1866 mit seinem Sozius Ehrich in Berlin eine Werkstätte zur Herstellung von Petroleumlampen, die damals mühevoll die althergebrachten Rüböllampen erst verdrängen mußten. Max besuchte die Realschule. Doch dem Aufenthalt in der dumpfen Schulstube, in der dem ganz aufs praktische eingestellten Knaben zuviel totes Wissen beigebracht wurde, zog er des Vaters Werkstatte vor, in der er sich mit gutem Blick technische Fähigkeiten und Kenntnisse von Jugend auf aneignete. Kaum siebenzehnjähig, ging er nach Amerika, damals in dem Deutschland, das in den Aufstiegjahren nach dem 70er Kriege eben erst begann, sich zum Industriestaat zu entwickeln, das gelobte Land allen technischen Fortschritts. Reich beladen mit Kenntnissen und Erfahrungen kehrte er nach drei Jahren zurück, um nun in der väterlichen Werkstatte das Mitgebrachte für die Entwicklung des Betriebes zu verwerten, dabei das in Amerika Gesehene nicht sklavisch nachahmend, sondern mit eigenem Geiste durchdringend und den ganz anders gearteten Verhältnissen deutscher Industrie anpassend. 1889 dann, nachdem der Vater seinen Sozius Ehrich durch den Tod verloren hatte, wurde Max Graet z, zusammen mit seinem Bruder Adolf, als Mitinhaber in die Firma aufgenommen. Der Erfolg der Arbeit blieb nicht aus. Der Absatz der Petroleumlampen,die durch Max Graetz's Anregung von der einfachen Dochtlampe über die Wunderlampe zur Starklichtlampe von mehreren 1000 HK entwickelt wurde, stieg mehr und mehr. Bald reichten die Räume in der Dresdener Straße auch nicht aus. Die Werk- stätte wurde in ein Fabrikgebäude in der Lausitzer Straße verlegt, das sich schnell bei fort-schreitender Entwicklung als zu klein erwies. Auch die Hinzunahme einer Filialfabrik in der Wiener Straße half dem wachsenden Raumbedürfnis auf die Dauer nicht ab. Das Gelände von 24 Morgen in Treptow wurde erworben, und 1899 konnte die geräumige neue Fabrik bezogen werden, die durch immer neue Anbauten erweitert werden mußte. Wie einst Albert Graetz die Oberlegenheit des Petroleumlichtes über das Rüböllicht frühzeifig erkannte, so Max Graetz die Entwicklungsnotwendigkeit und Entwicklungsfähigkeit der Gasbeleuchtung. Mit der ihm eigenen Tatkraft wandte er sich mehr und mehr diesem Industriezweig zu. Mehr als drei Jahre hindurch wurden unter seiner Leitung, befruchtet von seinen praktischen Anregungen, eingehende kostspielige Versuche gemacht, das hängende Gasglühlicht durchzubilden. Nachdem er mit glücklichem Griff die Mannesmannpatente erworben hatte, konnten im Jahre 1903 die ersten brauchbaren Brenner für hängendes Gasglühlicht die Fabrik verlassen. Bald sollte das ,,GRAETZIN-LICHT" sich die ganze Welt erobern. Denn überall wurden die Vorteile der neuen Beleuchtungsart schnell erkannt und Max Graetz's Bestrebungen für ihre immer weitere Einbürgerung von allen führenden Gasfachleuten warm gefördert. Ein Ausruhen auf den E rfolgen kannte Max Graetz nicht. Seine kraftvolle Energie trieb die Entwicklung weiter. Er regte dauernde Verbesserungen an und eine Reihe von Erfindungen, die durch Patente und Gebrauchsmuster geschützt wurden und die es ermöglichten, das ursprünglich nur für Innenbeleuchtung geeignete hängende Gasglühlicht auch für die Außenbeleuchtung zu verwenden, und zwar nicht nur für Niederdruck, sondern auch für Preßgas. Allein in Berlin zeugen heute neben vielen tausenden Niederdruckstarklichtlampen noch etwa 7000 Preßgaslampen mit einer Lichtstärke von 1500 bis 4000 HK le Lampe von der Güte und Dauerhaftigkeit der Konstruktionen. Gleichzeitig mit der Durchbildung der Gasgeleuchte wurden auch eingehende Versuche mit elektrischen Glühlampen gemacht. Doch schnell erkannte Max Graetz, daß hier eine freie Entwicklung unmöglich wardurch das unzerreißbare Netz von Schutzrechten, das die elektrische Großindustrie sowohl in Deutschland, als auch in den Vereinigten Staaten ausgebreitet hatte. Energisch zog er die Konsequenz. Die Herstellung der elektrischen Glühlampen wurde aufgegeben. Alle Kräfte waren wieder frei, sich den ureigentlichen Arbeitsgebieten zu widmen und den Bau von Geleuchten aller Art für Gas und flüssige Brennstoffe weiter durchzubilden. Daneben wurden und werden noch heute Ofen und Kocher für Petroleum- und Spiritusbeheizung hergestellt. Ganz besonders widmete Max Graetz seine erfinderische Tätigkeit der Verdampfung des Petroleums, das aus unter Druck stehenden Behältern in fast gasförmigem Zustande zu den Brennern geleitet wird. Es entstanden auf diese Weise Petroleumlampen und Petroleumöfen, die nur einen außer ordentliche günstigen Nutzeffekt und damit geringen Brennstofverbrauch auf-weisen, sondern sich auch zur Beheizung von Räumen der verschiedensten Art und Größe eignen. Im Zelt des Be duinen, in den indischen Hütten, den Ranchos der Gauchos und auf den Obstwagen der Straßenhändler Berlins sind die PETROMAX-Laternen ebenso bekannt wie auf den Fischerbooten an den Meeres küsten, wo ihr starkes Licht die Fische in die Netze lockt Zu einem sich immer mehr entwickelnden Arbeitsfeld wurde der Kronenbau, und zwar ohne Beschränkung auf das Gasfach auch für elektrisches Licht. Weiter wurden eingehende Versuche von ihm unternommen, elektrische Apparate für Koch-und Heizzwecke durchzubilden. Geräte, vom kleinen elektrisch beheizten Kochtopf bis zum großen Küchenherd, von der schön geformten Kaffeemaschine bis zum großen elektrischen Warmwasserspeicher, werden hergestellt und bewähren den Ruf der elektrischen GRAETZOR Artikel in der ganzen Welt. So wuchs eine Weltfirma heran mit eigenen Fabrikanlagen in den Vereinigten Staaten, in Frankreich, Osterreich und England. 1909 wurden Max Graetz's Verdienste für die deutsche Industrie und deutsche Wirtschaft durch Verleihung des Kommerzienrattitels auch staatlicherseits anerkannt. Dann brach der Weltkrieg aus und schien die plötzlich ihrer Absatzgebiete beraubte Firma unmittelbar in ihrem Bestande bedrohen zu wollen. Doch Max Graetz gelang es, mit starker Hand das Steuer herumzureißen und die Fabrik in kürzester Zeit auf die Herstellung von Kriegsmaterialien umzustellen. Großzügig wurden die besten Werkzeugmaschinen angeschafft, wurden aus 1800 Arbeitern, die die Fabrik vor dem Kriege beschöftigte, 7000. Das unglückliche Kriegsende kam, und wieder mußte Max Graetz seine Energie und Schaffenskraft erweisen, erneut den Betrieb umzustellen, nun wieder auf friedliche Arbeit. Mit dem Glücke, das dem Tüchtigen hilft, gelang es. Die alten Arbeitsgebiete der Firma wurden wieder gepflegt. Es wurde der Bau elektrischer Apparate vergrößert und erweitert, Vergaser für Automobile und Motorräder aufgenommen und schließlich sogar auch Radioapparate, insbesondere Lautsprecher, hergestellt. Aus den ein- bis dreiflammigen Graetzingeleuchten wurden die Gasgruppenbrenner mit zwei bis fünfzehn Glühkörpern in einem Geleucht; Gasfemzünder und Druckregler wurden durchgebildet. So gelang es Max Graetz, die Firma durch lnflationszeit und Wirtschaftskrisen hindurchzubringen. Um alle Absatzgebiete zurückzuerobern und neue zu gewinnen, unternahm er zwei größere Auslandsreisen, nach den Vereinigten Staaten und nach Ost-Asien. Von beiden Reisen kehrte er mit reichen neuen Erfahrungen und mit Arbeit für die Fabrik zurück. Daß Max Graetz diese Erfolge haben konnte, verdankt er neben der Tatsache, daß er von der Pike auf gedient hat, neben seiner Energie und Schaffenskraft und seinem eisernen Pflicht-bewußtsein das auch heute den Siebzigjährigen sich nicht Ruhe gönnen läßt ,seiner Fähigkeit, sich die richtigen Helfer auszusuchen. Und wie einst seinem Vater die beiden Söhne zur Seite traten, so hat Max Graetz in seinen vier Söhnen die treuesten Mitarbeiter. Das Bild Max Graetz's währe unvollstöndig, wenn nicht der Freude seiner Mußestunden gedacht würde seines Gutes , dem seine ganze Liebe gehört und das er besonders durch seine erfolgreichen Züchtungsversuche zu einer Musterwirtschaft machte. So steht Max Graetz, der treue Sohn und Bürger seiner Vaterstadt Berlin, vor uns, 7O jährig und doch der Jugendfrischsten einer. Einem frohen Wanderer gleich kann er zurückblicken auf den bisher zurückgelegten Weg, der ihn oftmals unter mutiger Überwindung von Schwierigkeiten, die einem anderen als Max Graetz unüberwindlich geschienen hätten zum Erfolge führte, und mit freudigem Mute, mögen auch manchmal in unserer schweren Zeit die dunklen Wolken, die über unserem ganzen Volke hängen, den freien Ausblick hindern, schaut Max Graetz, der Rastlose, vorwarts. ,,Solche Männer können wir brauchen". Alberts |